Müssen Seecontainer zukünftig vor Verladung zwingend verwogen werden?
Im November-Newsletter des Bundesanzeigers las ich folgenden Beitrag über die Fragestellung, ob Seecontainer zukünftig vor Verladung verwogen werden sollten? Doch lesen Sie selbst:
Sehr geehrter Herr Scharrenweber,
Im Übergang zu einem „geraden“ Jahr ist die Logistikwelt üblicherweise recht entspannt, da sich die Vorschriftenänderungen in Grenzen halten und zumeist nur den Lufttransport betreffen.
Doch in diesem Jahr kocht etwas unter der Oberfläche, das die gesamte Verladerschaft betrifft und sich noch zu einer richtig großen Sache entwickeln könnte: Das zwingende Verwiegen von Containern.
Hört sich zunächst simpel an: Der Container wird gepackt, auf eine Waage gestellt und das ermittelte Gewicht an die Reederei gemeldet. Doch so einfach ist es natürlich nicht. Für einen akkuraten Stauplan des Schiffes wird das Gesamtgewicht bestehend aus Leergewicht (Tara) und Bruttogewicht des gesamten Inhalts benötigt, nur dummerweise steht der Container während vieler Ladeprozesse auf einem LKW. Da die wenigsten Verlader Containerwaagen haben, wurde bisher die verladene Menge oft berechnet, teilweise ohne Berücksichtigung der Ladehilfsmittel, z.B. der Ladungssicherung. Somit könnte ein zusätzlicher Schritt der exakten Verwiegung notwendig werden, was in einer Erhöhung der Kosten und des Zeitaufwands resultiert.
Doch was ist der Grund dieser möglichen neuen Anforderung? Die International Maritime Organisation IMO hat festgestellt, dass angeblich ca. 10% aller Seecontainer überladen sind und dies eine Ursache diverser Havarien der letzten Jahre sein könnte. Sein könnte… Es ist eine unbewiesene Behauptung, aber diese reicht aus, um den Druck auf die verladende Industrie zu erhöhen, der durch aktive Mitarbeit des europäischen Chemieverbands CEFIC in den relevanten Gremien etwas aufgefangen wird. Es darf bei allen Bemühungen nie vergessen werden, dass die Industrie immer nur als NGO (non-governmental organization) vertreten ist, die bestenfalls den Finger in die Wunde legen und durch gute Argumente das Schlimmste verhindern kann; die Entscheidungen werden jedoch von den Staaten und ihren Behörden getroffen. Somit ist es wichtig aktiv mitzuarbeiten, um die Vorschriften praxisgerecht zu halten. Die definitive Entscheidung muss noch gefällt werden und da das genaue Prozedere noch nicht festgelegt wurde, bleibt zu hoffen, dass man einen praktikablen Weg findet. Die naheliegendste Lösung, alle Container in den Häfen zu verwiegen, wurde leider verworfen.
Zwei Optionen stehen stattdessen zur Diskussion: a) das Verwiegen der kompletten Container durch akkreditierte Wiegestellen und b) das Wiegen und die Aufsummierung der einzelnen Packstücke im Container mittels zertifizierter Verfahren.
Ob das Ziel den ganzen Aufwand rund um den Globus rechtfertigen wird, sei dahingestellt. Denn kann man so einzelnen schwarzen Schafen, die ein Interesse an einer falschen Gewichtsdeklaration haben, das Handwerk legen? Außerdem gibt es „böse Zungen“, die behaupten, dass der Fehler teilweise bei den Reedereien selbst liegt, da diese für ihre Staupläne die bei der Ladungsbuchung übermittelten provisorischen Gewichtsangaben verwenden und nach Erhalt des Versandauftrages nicht mehr ändern. Man darf also gespannt sein, wie es in 2014 weitergeht.
Anmerkung: Leider ist diese Unsitte, nämlich nur Nettogewichte anzugeben und zu verladen kein Alleinstellungsmerkmal der Seefracht. Wir beobachten das z. T. ebenso im Lagereigeschäft, wie auch bei Straßentransporten. Im Zeitalter von Flatrates, lump sums, Fixkostenspedition und dem unanständigen Unterbietungswettbewerb auf Frachtenbörsen und bei Internetausschreibungen kommt es offensichtlich wohl nicht mehr so genau darauf an, ob nun ein Brutto- oder Nettogewicht angegeben wird. Viele verwechseln vielleicht die frachtfreie Beförderung von Ladehilfsmitteln mit dem Tara der Gebinde ;-). Im Zweifel wiegen wir einfach nach.